Globale Mindeststeuer für Unternehmen?

Die G20-Staaten wollen die Körperschaftsteuer bei mindestens 15% festschreiben und eine Digitalsteuer einführen. Der Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel sagte, die globale Mindeststeuer sei eine epochale Entwicklung. Mag sein. Aber wenn Ihr Unternehmen nicht mindestens 750 Millionen Umsatz erwirtschaftet, kann’s Ihnen wurscht sein.

Die G20-Staaten haben sich auf die Eckpfeiler der geplanten globale Steuerreform geeinigt. Nun gehe es darum, die Maßnahmen so schnell wie möglich umzusetzen, damit sie ab dem Jahr 2023 greifen könnten, sagte Olaf Scholz (SPD). Das sei nur wenig Zeit, erklärte der Minister. Er sprach zugleich von einem wirklich großen Fortschritt. Der Trend zu immer niedrigeren Steuern werde mit der Reform beendet.

Sie, verehrter Leser, werden vermutlich nicht von ihr betroffen sein, der von Herrn Scholz so geliebten Mindeststeuer und Digitalsteuer. Die Reform betrifft Unternehmen mit mindestens 750 Millionen Euro Umsatz. Davon gibt es 827 in Deutschland. Die Digitalsteuer betrifft Konzerne mit 20 Milliarden Umsatz und 10% Profitabilität. Das sind weltweit ca. 150 Unternehmen, weniger als 10 davon in Deutschland.

Hohe Gewinne, niedrige Steuern

Starbucks, Apple oder Amazon zahlen wenig Steuern. Ihre Firmensitze in Irland mit komplizierten Holding- und Tochter-Strukturen in allerlei Ländern und Erdteilen ermöglichen eine Reduktion der tatsächlichen Steuerlast auf ein Minimum. Dazu braucht es nicht nur eine entsprechend gigantische Infrastruktur, sondern vor allem auch Personal, das gut rechnen kann. Das empfinden viele Menschen als ungerecht, denn hierzulande werden sie jedes Jahr immer mehr zur Kasse gebeten.

Nicht nur für Angestellte, vor allem für Selbständige und Unternehmer wird die Steuer- und Abgabenlast in Deutschland immer erdrückender. Die Einführung einer Wegzugsbesteuerung, die faktisch der Wiedereinführung des Tatbestands der Republikflucht gleichkommt, stammt ursprünglich aus den dunkelsten Kapiteln deutscher Geschichte.

Big Player haben da natürlich ganz andere Möglichkeiten. Sie wollen – wie jeder andere Unternehmer auch – Steuern sparen, befinden sich hier jedoch in einem gewissen Zwiespalt: Auf der einen Seite möchten sie ihren Aktionären gute Resultate präsentieren und eine möglichst hohe Dividende auszahlen, was wiederum auch einen möglichst hohen Gewinn voraussetzt. Auf der anderen Seite möchten sie aber ihre Abgaben senken, was zwar ebenfalls im Sinne der Aktionäre ist, allerdings einen niedrigeren Gewinn erfordert.

Minimierung der Körperschaftsteuer

Im Fokus steht hierbei die Körperschaftsteuer, die sogenannte Corporate Tax. Sie ist in Deutschland auch als Gewinnsteuer bekannt, weil sie 15% des zu versteuernden Gewinns des jeweiligen Unternehmens ausmacht (hinzukommt in Deutschland dann noch die Gewerbesteuer, die je nach Gemeinde bei rund 10-15% liegt).  Es geht bei der „Steuerflucht“ also nicht etwa um Sozialabgaben für die Mitarbeiter oder reguläre Abgaben auf im Inland erwirtschaftete Gewinne, auch, wenn der Terminus „Steuerflucht“ das im medialen und populären Diskurs gern suggeriert. Starbucks oder Apple bezahlen selbstverständlich auch in Deutschland für ihre Mitarbeiter die Krankenkasse, die Sozialversicherung oder führen die Lohnnebenkosten ab.

Um sich von der  Körperschaftsteuer zu befreien, nutzen vor allem internationale Großkonzerne diverse Möglichkeiten – die überdies allesamt vollkommen legal sind. Die Bilanzabteilungen der Unternehmen versuchen also, die Gewinne möglichst kleinzurechnen. Das ergibt auf den ersten Blick keinen Sinn, oder? Warum sollte ein Unternehmen möglichst wenig Gewinn einfahren, von dem es dann auch nur niedrige Dividenden an seine Aktionäre auszahlen könnte?

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So einfach ist es doch nicht. Dadurch, dass die besagten Big Player auf allen fünf Kontinenten aktiv sind, können sie ihr Kapital auch entsprechend flexibel verschieben. Gewinne aus Deutschland ins steuerbegünstigte Irland oder Umsätze aus den USA mit Kosten aus Dubai gegenrechnen? Theoretisch alles möglich. Hohe Gewinne entstehen damit auf dem Papier vor allem in jenen Ländern, in denen die steuerliche Belastung relativ gering ausfällt.

Die Unternehmen sind dabei dergestalt aufgestellt, dass es immer einen Mutterkonzern sowie verschiedene, meist nationale Tochterunternehmen gibt. Während der Mutterkonzern – in den genannten Fällen beispielsweise in den USA – ansässig ist, firmieren sich die etwa in Deutschland tätigen Filialen jeweils als GmbH. Um die deutschen Steuern zu minimieren, müssen die Gewinne der GmbH ergo minimiert werden. Möglich wird das dadurch, dass sich die deutschen Gesellschaften gegenüber dem amerikanischen Mutterkonzern verschulden. Dieser gibt beispielsweise einen Kredit, mit dem sich die GmbHs finanzieren. Um diesen zu tilgen, zahlen die GmbHs an den Mutterkonzern nicht nur die Kreditraten zurück, sondern auch die damit verbundenen Zinsen. Diese erhöhen die Kosten und verringern den Gewinn. Somit sinkt die deutsche Steuerlast.

Weltweit steuerpflichtig – ein Alptraum?

Und das ist natürlich nur mit einer entsprechend großen Infrastruktur möglich. Der mittelständische Unternehmer kann das daher logischerweise nur bedingt. Um diesen Praktiken entgegenzuwirken, haben sich im Sommer weltweit 130 Staaten auf eine globale Mindeststeuer geeinigt.

Aus Sicht der Politik, die natürlich in erster Linie den nationalen Haushalt und die im Inneren entstehenden Kosten abdecken muss, zahlen globale Unternehmen zu wenig Steuern. Damit entgehen vor allem die wichtigen Beiträge zur Querfinanzierung des Renten- und Sozialsystems, dem Unterhalt des Bundestages als größtem Parlament der Welt sowie die mit all dem verbundenen immensen Verwaltungskosten.

Um global agierenden Unternehmen die oben beschriebenen Steuertricks zu erschweren, war vor allem der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eine maßgeblich treibende Kraft. Die von ihm angestoßene Reform sieht die Einführung einer globalen Mindeststeuer in Höhe von 15% vor. Im Zuge dessen sollen auch digitale Produkte und Dienstleistungen nun weltweit besteuert werden, was sich in der Vergangenheit als immer komplizierter gestaltet hat. Wo wird eine Steuer auf digitale Güter fällig? Am Ort der Dienstleistungserbringung? Das wäre dann oft in asiatischen Niedriglohnländern. Oder am Ort des Abnehmers, was rein administrativ nicht umsetzbar wäre.

Bislang waren Unternehmen vor allem in dem Land steuerpflichtig, in dem sie ansässig sind. Nach Vorstellung der neuen Gesetzgebung soll die Besteuerung künftig davon abhängen, wo die Umsätze erzielt werden. Gerade Big-Tech-Konzerne wie Apple oder Amazon müssten dann deutlich mehr Steuern in Europa zahlen, aber auch Volkswagen und BMW würden nach China, Brasilien oder die USA gewisse Summen abtreten.

Sowohl die globale Mindeststeuer als auch die Digitalsteuer soll ab 2023 gelten. In der Europäischen Union soll die Steuer über eine neue Richtlinie in Kraft treten. Das bedeutet nun aber nicht, dass jeder Staat der Welt plötzlich eine Mindeststeuer von 15% einführen müsste, ein niedrigerer Steuersatz ergäbe nach der globalen Reform allerdings schlichtweg keinen Sinn mehr. Denn dann würde ein Konzern mit seinen ausländischen Tochtergesellschaften zwar weniger als 15% Steuern zahlen, der Heimatstaat des Unternehmens aber kann dann künftig die Differenz zum Mindeststeuersatz einkassieren – und bisher gibt es kein Land, das echtes Interesse daran hätte, anderen Ländern Steuern zu schenken. Wenn Starbucks etwa seinen europäischen Sitz in Irland hat und Irland bei seinem bisherigen Steuersatz von 12,5% bliebe, dann dürften die USA die verbleibenden 2,5% beanspruchen. Damit ist die Verlagerung der Gewinne in Niedrigsteuerländer kaum noch verlockend.

…oder doch nur ein zahnloser Papiertiger?

In der EU haben Ungarn, Irland und Estland das Abkommen bisher nicht unterzeichnet, gegen die Digitalsteuer wehrt sich vor allem Zypern. Auch Nigeria, das immer mehr asiatische Tech-Unternehmen beheimatet, Sri Lanka, Kenia sowie die Karibikstaaten Barbados und St. Vincent haben den Vertrag nicht unterschrieben.

Man könnte nun meinen, die Verlagerung von Gewinnen durch komplexe Firmenstrukturen und einfache Rechenformeln sei nun nicht mehr möglich. Digitale Dienstleistungen und Produkte werden zu Billiglöhnen in Indien produziert und in Deutschland horrend versteuert, während der Firmensitz keine Rolle mehr spielt, da man als Unternehmer nun auf der ganzen Welt besteuert würde. Dem ist aber längst nicht so. In Wirklichkeit ist die globale Mindeststeuer ein riesiger Papiertiger, der einem Heer von Beamten Unmengen Arbeit verschafft, aber für die meisten Unternehmen der Welt vollkommen egal ist.

Die globale Mindeststeuer betrifft nämlich nur Firmen ab einem Jahresumsatz von 750 Millionen Euro und höher, was weltweit nur etwa 7.000 Konzerne betreffen würde. Schätzungen zufolge gibt es aber etwa 37 Millionen Firmen, von denen 36,97 Millionen von der Weltsteuer gar nicht betroffen wären.

Wirkungsloser Populismus: Steueroptimierung bleibt!

Was bedeutet dann nun die Digitalsteuer? Muss der Freelancer in Portugal mit Kunden in Deutschland nun um sein Auskommen fürchten? Auch das ist keineswegs der Fall. Die Digitalsteuer wird nur jene Unternehmen betreffen, die mehr als 20 Milliarden Euro Jahresumsatz verbuchen und dabei eine Profitabilität von mehr als zehn Prozent aufweisen. Einige Experten gehen davon aus, dass SAP das einzige deutsche Unternehmen sein wird, das überhaupt von der Digitalsteuer betroffen ist.

Außerdem kommt es noch darauf an, ob das jeweilige Unternehmen überhaupt die entsprechende Profitabilität aufweist. Der Online-Gigant Amazon wies beispielsweise zuletzt eine Vorsteuermarge von nur 6,9% auf und wäre damit von der globalen Mindeststeuer ausgenommen und müsste auch keine Gewinnsteuern in Deutschland zahlen, obwohl er hier geschäftstätig ist. Auch deutsche Autobauer dürften obgleich ihrer großen Beliebtheit in China oder den USA dort keine ausreichende Gewinnmarge einfahren, sodass sie aller Erwartung nach ebenfalls nicht unter die Regelung fallen.

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Damit sollte klar sein, dass es sich bei der globalen Mindeststeuer genauso wie bei der Digitalsteuer nicht nur um einen neuerlichen Beweis handelt, dass die Realität der Politik immer ein Stück voraus ist, sondern vor allem um einen eher populistisch anmutenden Versuch, den Murren der Bürger gegen „die da oben“ nachzukommen, ohne, dass es tatsächlich jemanden trifft. Die Zahl der betroffenen Unternehmen liegt im Promillebereich und diese werden gewiss auch in Zukunft ihre Wege finden.

Für alle anderen Klein- und Mittelunternehmer ändert sich schlichtweg gar nichts – ganz im Gegenteil sogar, denn zahlreiche Staaten buhlen längst um den Steuerwettbewerb und locken ganz gezielt kleinere Unternehmer und Selbständige mit großzügigen Vorteilen an. Globalisierung und Digitalisierung ermöglichen es heute leichter denn je, von den Steuervorteilen im Ausland rundum zu profitieren – vor allem, wenn man wie die überwiegende Mehrheit weit unter den 750 Millionen liegt.

 

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